"Der Wahnsinn geht los"

Seit 2020 gilt die Kassenbonpflicht für jedes Brötchen, jede Kugel Eis oder jede Currywurst. Bergische Einzelhändler über den Bürokratie- und Umweltwahnsinn...

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Deshalb gibt es die Bonpflicht

Das Bundesfinanzministerium will mit der sogenannten "Belegausgabepflicht" dem Steuerbetrug an der Ladenkasse ein Ende setzen. Kassen sollen fälschungssicher und so Manipulationen verhindert werden. Elektronische Kassensysteme und Bons können miteinander abgeglichen werden. Das Ministerium geht davon aus, dass so zehn Milliarden Euro mehr an Steuereinnahmen reingespült werden.


Kritik nicht nur von Umweltverbänden

Kritik kommt von Umweltverbänden und Handelsverbänden. Zum einen liegt das an der Menge an Papier. Die Einzelhändler gehen davon aus, dass pro Jahr zusätzlich 2,2 Millionen Kilometer Kassenbonpapier hinzukommen. Damit könnte man die Erde 50 mal umwickeln. Umweltverbänden macht nicht nur der Papierverbrauch Sorgen. Das Thermopapier, das aus den Kassen kommt, ist mit teils giftigen Chemikalien beschichtet. Deshalb dürfen die Bons auch nicht ins Altpapier, sondern gehören in den Restmüll.

"Das ist doch einfach nur lächerlich"

Einzelhändler aus dem Bergischen sind mehr als nur unglücklich mit der neuen Regelung. Zum Beispiel Jörg von Polheim, er hat eine Bäckerei in Hückeswagen. Er hat große Zweifel daran, dass der Staat wirklich mehr Geld einnimmt:

"Pro Filiale fallen jedes Jahr Mehrkosten in Höhe von 1.000 Euro an. Das ist unnötiges Geld und schmälert gleichzeitig den Gewinn des Unternehmens. Und damit zahlt man auch weniger Einkommenssteuer"

Seine Kunden können die Bons in seiner Filiale lassen. Behalten will er sie selbst nicht:

"Ich denke, das sollte man den Politikern zuschicken, die dafür gestimmt haben. Um zu sehen, was für einen Schwachsinn man damit beschlossen hat"

Verschwendung von Ressourcen

Kasse im Unverpackt-Laden in Wermelskirchen© Radio Berg
Kasse im Unverpackt-Laden in Wermelskirchen
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Auch der Betreiber des Unverpackt-Ladens in Wermelskirchen, Jochen Schmees, schüttelt nur mit dem Kopf. Er ist im Besitz einer digitalen Kasse, die sämtliche Kundendaten erfasst, und muss jeden einzelnen Bon ausdrucken. Jeder einzelne Bon tut ihm weh.

"Das ist Papier, das kein Mensch braucht. Auf der einen Seite ist es eine Belastung für die Umwelt. Und es sind auch Kosten für mich als Einzelhändler, denn ich muss das Papier ja auch bezahlen. Unterm Strich eine Verschwendung von Ressourcen und Geld für eine Regel, die nicht ganz nachvollziehbar erscheint"

Besonders große Bauchschmerzen hat Jochen auch damit, dass die Bons meist auf Thermopapier gedruckt werden, das chemisch behandelt und entsprechend giftig ist.

Bäckerei in Wipperfürth mit jecker Idee

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Wohin mit all den Bons? Schmidt´s Backstübchen in Wipperfürth benutzt sie einfach als Dekoration für Karneval. Aus der Not geboren, sagt Stefanie Schmidt-Eisenbach:

"Die Kunden lachen darüber, dass wir die Bons zusammen mit Luftschlangen aufgehangen haben, obwohl es ja eigentlich überhaupt nicht lustig ist. Wir überlegen tatsächlich, weitere Restmülltonnen anzuschaffen"