Sebastian Poullie und der Linkswisch

Ich habe in der Isolation neue Kontakte gesucht - coronakonform erstmal nur zum Chatten - und habe mich spontan bei Tinder angemeldet, der Dating-App, bei der man mit einem Wisch nach links oder rechts aufgrund von ein paar Fotos innerhalb von ca. vier Sekunden entscheidet: Gefällt mir der angezeigte Single, oder nicht. Für jemanden wie mich, der damals in Clubs ungefähr vier STUNDEN brauchte, um sich überhaupt zu trauen, ein Mädchen anzusprechen, ist das schon eine ziemlich fremde Welt.

Meine wesentlichen Erkenntnisse bis hierhin:

1. Eins der meist angegebenen Hobbies der Tinder-Frauen ist „Wein trinken“. Eine Freundin erklärte mir das so: „Frauen trinken gerne Wein, weil sie von Bier auf Dates pupsen müssen.“
2. Zweites meist angegebenes Hobby: Reisen. Gerne reisen, das ist auf der Bewertungsskala für mich ungefähr so vielsagend wie „Ich esse gerne lecker“ oder „Ich lache gerne.“
3. Viele Frauen suchen „einen Mann, der weiß, was er will.“ Ich weiß, dass ich richtig viel Playstation spielen will. Ich glaube, das meinen sie damit nicht.
4. Selbst, wenn man in seinem Profil ein Foto von sich im pinken Karnevals-Drachenkostüm seiner Ex-Freundin hat, gibt es immer noch ein paar Frauen, die sich dazu bereit erklären, mit einem zu reden. Ich bin erstaunt. Und erfreut. Aber in meiner Wohnung steht ja auch ein gerahmtes Foto einer aus Brot geformten Giraffe.
5. Tinder ist nicht das Sodom und Gomorra, für das es viele halten. Zumindest nicht auf meiner Seite der App. Ich habe bisher einfach nur ziemlich gute Gespräche geführt. Frauen hingegen klagen darüber, dass sie schon nach Tagen oft eine veritable „Dick-Pic“-Sammlung besitzen. Wenn Sie das Wort nicht kennen, googlen sie es, es handelt sich um einen Trend, der Sie möglicherweise überraschen wird. 

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