EU-Deal mit Trump enttäuscht Autoindustrie

US-Zölle auf Autos
© Lars Penning/dpa

Einigung im Zollstreit

Brüssel (dpa) - Die Liste der Kröten, die die Europäische Union für einen Zolldeal mit US-Präsident Donald Trump schlucken musste, war bereits am Sonntag lang. Nach Abreise von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aus Trumps Golfresort im schottischen Turnberry ist sie noch einmal länger geworden. Schlechte Nachrichten gibt es vor allem für die deutsche Autoindustrie. Fragen und Antworten zum Thema im Überblick:

Was ist passiert?

Eine ranghohe EU-Beamtin teilte am Montag in Brüssel mit, dass der Deal mit Trump auch eine Abmachung für den zollfreien Import von US-Autos nach Europa umfasst. Bislang erhebt die EU auf Autoimporte aus den USA einen Zoll in Höhe von zehn Prozent. Für die europäische Autoindustrie bedeutet die Zusage der EU, dass sie künftig mit stärkerer Konkurrenz von US-Herstellern wie Tesla rechnen muss - zumindest dann, wenn sie in den USA gebaut wurde.

Um was für Zahlen geht es?

Nach Angaben der Vereinigung der europäischen Automobilhersteller (Acea) wurden im vergangenen Jahr knapp 165.000 in den USA hergestellte neue Autos in die EU exportiert. Diese hatten einen Wert von 7,7 Milliarden Euro. Von den Exporten waren rund 18.800 E-Autos im Wert von 1,4 Milliarden Euro. Laut des Verbands der Automobilindustrie (VDA) entfällt etwa zwei Drittel des Pkw-Exports aus den USA in die EU auf deutsche Hersteller.

Gibt es weitere schlechte Nachrichten für die europäischen Autobauer?

Ja. Bereits am Sonntag war angekündigt worden, dass der neue US-Basiszollsatz für Importe aus der EU in die Vereinigten Staaten bei 15 Prozent liegen wird. Er ist damit zwar deutlich niedriger als die 27,5 Prozent, die Trump in den vergangenen Monaten erheben ließ. Aber dennoch viel, viel höher als die 2,5 Prozent, die davor auf Autoimporte aus der EU erhoben wurden.

Um was für Dimensionen es geht, machen Acea-Zahlen deutlich. Demnach wurden im vergangenen Jahr 749.170 in der EU hergestellte Neuwagen in die USA exportiert. Diese Exporte hatten einen Gesamtwert von 38,5 Milliarden Euro. E-Autos waren davon knapp 111.600 Fahrzeuge, die einen Wert von 5,9 Milliarden Euro hatten.

Wird Deutschland als Auto-Export-Land Nummer 1 in der EU besonders stark leiden?

Vermutlich schon. Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) warnte, der künftig geltende US-Zollsatz von 15 Prozent auf Fahrzeuge und Fahrzeugteile aus der EU werden den Export belasten und damit auch negative Folgen für Verbraucherinnen und Verbraucher haben. Dies seien beispielsweise steigende Preise, eine eingeschränkte Modellvielfalt und höhere Servicekosten. Der VDA bezifferte die jährlichen Kosten für die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie auf eine Milliardensumme.

Ist der Verlust von Arbeitsplätzen zu befürchten?

Nach Einschätzung des deutschen Branchen-Experten Ferdinand Dudenhöffer ist das ein reales Risiko. «Sollten keine Verrechnungen stattfinden, gehen wir von einem mittelfristigen Arbeitsplatz-Export der Autoindustrie von bis zu 10 Prozent aus Deutschland in die USA aus», schrieb der Direktor des Center Automotive Research in Bochum. In Zahlen seien dies bis zu 70.000 Jobs und das treffe Autobauer und Zulieferer.

Was ist mit Verrechnungen gemeint?

Laut Dudenhöffer war bis zuletzt noch unklar, ob es Zoll-Rabatte gibt, wenn deutsche Autobauer in ihren US-Werken hergestellte Fahrzeuge nach Europa exportieren. So könnten die USA zum Beispiel zollfreie Exporte aus Deutschland im Wert von 100 Millionen in die USA zulassen, wenn für 100 Millionen Euro US-Produktion nach Europa exportiert wird.

Warum hat die EU den Deal akzeptiert?

Wäre es zu keiner Einigung gekommen, hätten ab dem 1. August US-Zölle in Höhe von 30 Prozent gedroht. Die EU wollte eine Eskalation verhindern, da diese den Handel und Arbeitsplätze kurzfristig noch mehr bedroht hätte. Hinzu kam die Sorge, Trump könne im Fall eines verschärften Konflikts neue Drohkulissen aufbauen - beispielsweise indem er erneut die militärische Beistandspflicht innerhalb der Nato infrage stellt oder die Unterstützung für die Ukraine zurückfährt - beides sind äußerst sensible Themen angesichts der Bedrohungen durch Russland.

Wenn die Europäer im Bereich der Verteidigung nicht so abhängig von den USA wären, hätten sie den Deal vielleicht nicht akzeptiert. Wirtschaftlich ist die EU nämlich mit etwa 450 Millionen Bürgerinnen und Bürgern in 27 Ländern eine echte Marktmacht, die den Vereinigten Staaten in einem Handelskonflikt schwer zusetzen könnte.

Wie erklärt die EU den Deal?

Von der Leyen sagte nach dem Treffen mit Trump: «Das heutige Abkommen schafft Sicherheit in unsicheren Zeiten.» Europäische Unternehmen bräuchten in diesen so turbulenten Zeiten Vorhersehbarkeit, um planen und investieren zu können. Hinter vorgehaltener Hand wird zudem auch in der EU-Kommission eingeräumt, dass der Vorwurf von Ungleichgewichten in den Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA nicht ganz von der Hand zu weisen war.

So verbuchte die EU im Warenhandel mit den USA 2024 nach jüngsten Zahlen des Statistikamts Eurostat einen deutlichen Überschuss in Höhe von rund 198 Milliarden Euro. Im Dienstleistungsbereich sah es zwar für die USA besser aus - am Ende blieb für die EU aber noch immer ein Handelsüberschuss von 50 Milliarden Euro.

Gab es neben den Zoll-Zugeständnissen weitere Geschenke für Trump?

Die EU sichert Trump zu, bis zum Ende von dessen Amtszeit US-Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar zu kaufen. Nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sollen Flüssigerdgas (LNG), Öl und Kernbrennstoffe aus den Vereinigten Staaten die Lücken füllen, die nach dem geplanten vollständigen Verzicht auf russisches Gas und Öl entstehen werden. Zusätzlich verspricht die EU Trump, in den kommenden Jahren weitere 600 Milliarden US-Dollar in den USA zu investieren. Trump feierte nach der Einigung und sagte: «Ich glaube, das ist der größte Deal, der jemals gemacht wurde.»

Wie kann die EU Trump den Kauf von Energie zusagen?

EU-Handelskommissar Maros Sefcovic machte am Montag deutlich, dass die Zusage vor allem vor dem Hintergrund der Pläne für einen kompletten Verzicht auf russisches Gas und Öl gemacht wurden. Es sei damit sehr klar, dass Europa eine solide, konsolidierte und verlässliche Energieversorgung benötigen werde, erklärte er. Um Unternehmen beim Erwerb von Flüssigerdgas (LNG), Öl und Kernbrennstoffe aus den Vereinigten Staaten zu unterstützen, könnte eine Einkaufsplattform geschaffen werden.

Wird Trump die Käufe einklagen können?

Nein. Seine Zollpolitik hat sich allerdings als effektives Druckmittel erwiesen. So muss die EU fürchten, dass Trump wieder höhere Zölle einführt, wenn sich die EU nicht an die Zusagen hält.

 

 

Wie kam es zu dem Deal?

Vorausgegangen waren in den vergangenen Monaten zähe Verhandlungen und immer neue Drohungen und Eskalationen durch Donald Trump. Zuletzt lud der US-Präsident von der Leyen und ihren Handelskommissar Sefcovic dann ein, am Wochenende in sein Luxus-Golfhotel in Turnberry in Schottland zu kommen. Bei einem rund einstündigen Treffen wurde der Deal dann fix gemacht. Trump argumentierte in den Verhandlungen vor allem mit dem Handelsungleichgewicht zwischen den USA und der EU. Zudem will er mit seinem Kurs unter dem Motto «America First» industrielle Produktion zurück in die USA holen. Die zusätzlichen Zolleinnahmen sollen außerdem helfen, seine umfangreichen Steuersenkungen gegenzufinanzieren.

Ist der Handelskonflikt nun vollständig beigelegt?

Das bleibt abzuwarten. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen räumte nach Bekanntgabe des Deals ein, dass noch nicht alle Details abschließend geklärt sind. Offen ist unter anderem, wie es mit den US-Stahl- und Aluminiumzöllen weitergeht, die Trump in den vergangenen Monaten auf 50 Prozent erhöht hatte. Die EU hofft, dass bestimmte Mengen davon ausgenommen werden, konkrete Daten wurden allerdings bislang nicht genannt. Unklar war bis zuletzt auch, wie es mit möglichen US-Zöllen für Arzneimitteln weitergeht und in welchem Umfang es zur geplanten Anpassung von Standards für Autos und andere Industriegüter kommt.

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US-Präsident Trump trifft von der Leyen in Schottland
Die Gefahr eines Handelskriegs zwischen den USA und der EU ist vorerst abgewendet. © Jacquelyn Martin/AP/dpa
Die Gefahr eines Handelskriegs zwischen den USA und der EU ist vorerst abgewendet.
© Jacquelyn Martin/AP/dpa
US-Präsident Trump trifft von der Leyen in Schottland
Auf die meisten Einfuhren aus der EU in die USA werden künftig Zölle in Höhe von 15 Prozent fällig.© Jacquelyn Martin/AP/dpa
Auf die meisten Einfuhren aus der EU in die USA werden künftig Zölle in Höhe von 15 Prozent fällig.
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US-Präsident Trump trifft von der Leyen in Schottland
Zahlen für Trump: Der US-Präsident präsentierte nach der Einigung den Deal.© Jacquelyn Martin/AP/dpa
Zahlen für Trump: Der US-Präsident präsentierte nach der Einigung den Deal.
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US-Präsident Trump trifft von der Leyen in Schottland
Die EU und USA hatten monatelang verhandelt.© Jacquelyn Martin/AP/dpa
Die EU und USA hatten monatelang verhandelt.
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