Frankreichs Regierung stürzt bei Vertrauensfrage
Veröffentlicht: Montag, 08.09.2025 19:02

Politkrise in Paris
Paris (dpa) - Frankreichs Minderheitsregierung von Premier François Bayrou ist gescheitert. Das Mitte-Rechts-Kabinett verlor eine Vertrauensfrage in der Nationalversammlung krachend. 364 Abgeordnete stimmten gegen die Regierung, nur 194 Abgeordnete sprachen ihr das Vertrauen aus. Bayrou muss nun den Rücktritt der Regierung bei Staatschef Emmanuel Macron einreichen. Um das Präsidentenamt ging es bei dem Votum nicht. Dennoch ist der Vorgang auch eine Schlappe für Macron.
Bayrou hatte die Abstimmung mit einem Bekenntnis zum Sparen verbunden. Frankreich ist hochverschuldet und muss seine Finanzen in den Griff bekommen. Bayrou sieht für das kommende Jahr Einkürzungen in Höhe von knapp 44 Milliarden Euro vor. Dafür hatte er sich auch dazu ausgesprochen, zwei Feiertage abzuschaffen. Die Ankündigung stieß in der Bevölkerung auf breite Ablehnung.
Neuer Premier oder neue Parlamentskammer?
Macron ist nun im Zugzwang und muss schnellstmöglich einen neuen Premier präsentieren, um nicht selbst zu sehr unter Druck zu geraten. In den vergangenen zwei Wochen dürfte er bereits einige Optionen erwogen haben. Doch die Schwierigkeit besteht darin, dass weder sein Mitte-Lager noch das Linksbündnis oder Marine Le Pens Rechtsnationale eine eigene Mehrheit im Unterhaus haben. Mit Bayrou scheitert bereits zum zweiten Mal innerhalb eines guten Jahres ein Premier an dieser vertrackten politischen Gemengelage. Noch ist nicht absehbar, mit wem Macron eine stabile Regierung gelingen könnte.
Denkbar ist theoretisch auch eine zweite Option: Wie schon nach der Schlappe seiner Mitte-Kräfte bei der Europawahl im vergangenen Jahr könnte Macron die Nationalversammlung auflösen und Neuwahlen ausrufen. Das Ziel wäre dann, klarere Mehrheitsverhältnisse zu schaffen. Unklar ist allerdings, ob die Wählerinnen und Wähler in Frankreich nach nur knapp einem Jahr deutlich anders wählen würden. Gut möglich ist, dass auch nach einer Neuwahl die Parlamentskammer ähnlich gespalten wäre wie derzeit und ein Regieren somit schwierig bliebe. Lagerübergreifende Koalitionen sind in Frankreich unüblich.
Eine Neuwahl würde für Macron auch das Risiko bergen, dass Le Pens Rechtsnationale oder das Linksbündnis die absolute Mehrheit holen. Der Staatschef wäre dann de facto gezwungen, einen Premier aus ihrem Lager zu ernennen. Während der Premier aktuell eher im Schatten des Präsidenten steht, müsste Macron in einem solchen Fall Macht abgeben. Es käme zu einer sogenannten Kohabitation. Macron hatte in den vergangenen Monaten mehrfach betont, das Parlament nicht erneut auflösen zu wollen. Er schloss dies aber auch nicht kategorisch aus.
Wirtschaftliche Schieflage droht sich zu verschärfen
Nicht nur weil politisches Chaos und Stillstand drohen, ist das erneute Scheitern einer Regierung für Frankreich misslich. Das hochverschuldete Land muss dringend seinen Sparkurs festigen und einen Haushalt für das kommende Jahr verabschieden. Sollte die Lage politisch länger instabil bleiben, droht zudem ein Vertrauensverlust an den Märkten, was Frankreichs Finanzen zusätzlich belasten würde.
Macron wird nun unter Druck aufs Inland blicken
Trotz der internationalen Krisen wird Macron nun vorerst seinen Blick aufs Inland richten. In den kommenden Tagen dürfte er auf der internationalen Bühne damit etwas kürzertreten. Berlin und Brüssel müssen sich auf weniger Initiative einstellen.
Der Druck auf den Staatschef dürfte mit dem Sturz der Regierung erneut zunehmen. Die linke LFI wollen ihn bereits absetzen und eine vorgezogene Präsidentschaftswahl herbeiführen. Eigentlich steht das Votum erst 2027 an. Die Rechtsnationalen drängen ebenfalls auf Wahlen - entweder durch die Auflösung der Nationalversammlung oder einen Rücktritt Macrons.
Macron kann 2027 nach zwei Amtszeiten nicht erneut für das Präsidentenamt kandidieren. Wen seine Mitte-Kräfte als Nachfolger ins Rennen schicken, ist noch unklar. Aus dem gemäßigten Lager fürchten viele, dass Le Pen die Wahl nach mehreren gescheiterten Anläufen nun gewinnen könnte. Wegen eines laufenden Justizverfahrens ist allerdings noch unklar, ob die rechte Führungsfigur überhaupt wird antreten können.
