Anklage im Missbrauchsfall Wermelskirchen - 124 Taten von Babysitter

Im Missbrauchskomplex von Wermelskirchen ist Anklage gegen den Hauptverdächtigen wegen sexueller Gewalt gegen Kinder erhoben worden. Dem heute 45-Jährigen werden insgesamt 124 Taten vorgeworfen, in 99 Fällen geht es um den sexuellen Missbrauch von Kindern, teilte ein Sprecher des Landgerichts Köln mit. Die Anklage macht das Ausmaß des Komplexes deutlich, der selbst erfahrene Ermittler schockierte. Der Prozess soll laut dem Sprecher des Landgerichts wohl noch im Dezember beginnen.

Ende Mai war der Komplex im bergischen Wermelskirchen bekannt geworden, dort wohnte der Mann zuletzt. Er soll sich zwischen den Jahren 2005 bis 2019 als Babysitter angeboten und unter anderem über Online-Plattformen Kontakt zu den Familien der Opfer bekommen haben.

In der Anklage ist insgesamt von 23 direkten oder indirekten Opfern die Rede. Laut Gericht soll der Mann an 13 Kindern im Alter von 11 Monaten bis 13 Jahren selbst Taten begangen haben. Hinzu kommen drei Fälle von Taten gegen 14-jährige Jungen, die somit als Jugendliche und nicht mehr als Kinder gelten. Bei sieben Opfern im Kindesalter soll er sich Beihilfe- und Anstiftungstaten schuldig gemacht haben.



"Der Angeklagte wird ein umfassendes Geständnis ablegen", sagt der Anwalt.

89 der 99 Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern gelten laut Landgericht als schwere Fälle, weil es zu beischlafähnlichen Handlungen gekommen sei.

In einigen Fällen soll er die Taten aufgenommen haben.

Er wird im Prozess ein umfassendes Geständnis ablegen, sagte der Anwalt des 45-Jährigen, Christian Lange. Sein Mandant wolle helfen, so viel wie möglich aufzuklären.

Mittlerweile wird gegen mehr als 80 Beschuldigte ermittelt

Spezialkräfte hatten den Mann im vergangenen Dezember festgenommen, nachdem man im November durch Ermittlungen gegen einen seiner Chat-Partner auf ihn aufmerksam geworden war. Er soll mit Dutzenden weiteren Männern kinderpornografische Bilder und Videos ausgetauscht haben. Mittlerweile wird gegen mehr als 80 Beschuldigte ermittelt.

Bei dem Wermelskirchener haben die Ermittler damals gewaltige Mengen Missbrauchsdarstellungen entdeckt. 3,5 Millionen Bilder und 1,5 Millionen Videos. Allein die Sicherung der Dateien hat 17 Tage gedauert.

Der nun Angeklagte soll außerdem mit einem der Täter aus dem Missbrauchskomplex in Münster in Kontakt gestanden, ihm über einen Video-Chat beim Missbrauch zugesehen und Anweisungen gegeben haben.



Selbst die Ermittler sind schockiert

Über das Ausmaß und die Brutalität der Fälle zeigten sich selbst erfahrene Ermittler schockiert. Ein solches Ausmaß an menschenverachtender Brutalität und gefühlloser Gleichgültigkeit gegenüber kleinen Kindern, ihren Schmerzen und ihren Schreien sei ihm noch nicht begegnet, sagte Kölns Polizeipräsident Falk Schnabel im Mai, als der Fall der Öffentlichkeit bekannt wurde.

Der Tatkomplex Wermelskirchen ist nach Bergisch Gladbach der zweite schwere Missbrauchsskandal im Bergischen.

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