MILJÖ - eine Band erfindet sich neu und wieder

Die letzten Monaten waren für alle Künstler krass. Bei MILJÖ war und ist es nochmal eine Spur krasser. Denn ihr Sänger Mike macht gesundheitsbedingt eine Pause.

© Foto: Henning Becker Bildbearbeitung: Sven Löllgen www.loellgen.de

MILJÖ wollten nie Stars sein und fühlen und geben sich bis heute auch nicht als solche. Immer zurückhaltend irgendwie, obwohl sie gesanglich und musikalisch längst in der ersten Liga der kölschen Musik spielen. Und das seit Jahren. Auch ein Grund, warum ihre Musik so viele Menschen mehr als nur berührt. Als Sänger Mike vor einiger Zeit seine Erkrankung öffentlich machte und wenig später ankündigte, dass er in der Session nicht mit dabei sein wird, hat das sehr viele Menschen sehr berührt. Und das Feedback auf diese Entscheidung hat auch die Band sehr bewegt.

"Das war absolut die richtige Entscheidung"

Die letzten Monate waren eine Art Achterbahnfahrt für die Band. Es hat sie sehr beeindruckt, wie viel Feedback und auch Unterstützung sie erfahren hat. Die Anteilnahme sei sehr groß und gebe auch Kraft für die Zukunft.


Im Interview mit dem Kölner Stadt Anzeiger hatte Mike gesagt, dass es für ihn eine Befreiung war, seine Autoimmunerkrankung (endlich) öffentlich gemacht zu haben. Und dieses Gefühl hält auch heute noch an, eine Woche nach dem Sessionsstart:

Mir geht´s im Moment körperlich ziemlich gut. Auch wenn ich zum Teil auch gemischte Gefühle habe und ganz sicher auch das Bühnenleben ein keines bisschen vermisse, glaube ich, dass das nach wie vor die richtige Entscheidung war. Mit Bezug auf meine körperliche Gesundheit war das ganz sicher das Richtige.

Nicht nur für Mike war es eine Befreiung, auch für die Band, sagt Nils, der in Zukunft die Rolle von Mike als Sänger einnimmt:

Der 11.11. rückte näher und uns war klar, dass wir das unbedingt mal öffentlich machen müssen. Die Nachricht war schon formuliert und dann haben wir sie gemeinsam auf "Posten" gedrückt. Da war uns schon klar, dass das einiges an Reaktionen hervorrufen wird. Für und alle war es irgendwie befreiend, dass es jetzt irgendwie raus war.
v.l.n.r.: Max Eumann, Simon Rösler, Nils Schreiber, Daniel Pottgüter, Sven Löllgen© Foto: Henning Becker Bildbearbeitung: Sven Löllgen www.loellgen.de
v.l.n.r.: Max Eumann, Simon Rösler, Nils Schreiber, Daniel Pottgüter, Sven Löllgen
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Das erste Mal ohne Mike ganz vorne auf der großen Bühne

Als sich MILJÖ vor vielen Jahren als Schulband zusammenfanden, war Nils der Sänger und nicht Mike. Und dennoch ist es Nils sehr schwer gefallen, am Sessionsauftakt an vorderster Front zu stehen:

Das war ja nicht mein erster 11.11. - aber wirklich ein vollkommen anderer als die Jahre davor. Ich war megaaufgeregt. Wir hatten im Glück die Woche davor schon ein paar Auftritte. Da wusste ich schon ungefähr, wie man es macht. Aber eben nicht wie auf dem vollen Heumarkt oder am Tanzbrunnen vor tausenden Leuten. Da war ich immer aufgeregt und konzentriert, keine Fehler zu machen. Die Nacht vorher war okay, aber es war absolut eine Ausnahmesituation. Ich hab mich vorn ziemlich einsam gefühlt in der Mitte der Bühne.

Das war jahrelang der Part von Mike, und auch für ihn war und ist es anders:

Ich find es schon immer ein bisschen komisch zu sehen, dass die Jungs unterwegs sind und ich bin nicht dabei. Es gibt auf jeden Fall schon Momente, wo ich ein bisschen wehmütig werde und denke, dass ich das schon irgendwie vermisse. Auf der anderen Seite habe ich viel mehr Zeit, mich um mich selber zu kümmern und um meine meine Gesundheit. Ich habe ja auch eine Familie zuhause, ich habe drei kleine Töchter, die brauchen auch meine Aufmerksamkeit. Deswegen denke ich nach wie vor, dass das die richtige Entscheidung war.

Welche Tipps gibt Mike seinem Nachfolger und Vorgänger?

Es ist schon eine komische Situation - in den Anfängen war Nils der Sänger. Aber in der Phase des Durchbruchs war es eben Mike, der mit seinem Gesang und seiner Stimme gezogen hat. Wir haben Mike gefragt, inwieweit er Nils helfen kann in seiner neuen alten Rolle und welche Tipps er als jahrelanger Frontmann Nils nicht nur im Karneval geben kann:

Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Weil ich mich auch nach fast zehn Jahren Bandgeschichte immer noch nicht so richtig als Frontmann gefühlt habe. In der Schülerband stand Nils immer vorne und ich habe immer nur Gitarre gespielt oder Schlagzeug. Für mich war es damals totales Neuland, auf einmal vorne zu stehen und dann der Sänger zu sein. Das war eigentlich nur dem geschuldet, dass ich halt der einzige in der Band war, der irgendwie halbwegs vernünftiges kölsch sprach. Nils ist da sehr gewissenhaft und hat viel an seiner Gesangstechnik gearbeitet die letzten Wochen. Wir haben uns da immer wieder ausgetauscht die letzten Wochen über bestimmte Atemtechniken und Übungen, die man da machen kann. Ich glaube, dass Nils sehr schnell in die Rolle rein finden und einen sehr guten Job machen wird

Auch für Nils ist eine komische Situation, jedoch ist er für jeden Tipp dankbar:

Ich habe mir in den letzten zehn Jahren viel von Mike abgeguckt. Da habe ich von einem Großen gelernt. Trotzdem muss man natürlich seine eigene Persönlichkeit auf der Bühnen finden.


© Radio Berg

Unplugged-Konzertreihe abgesagt

Und dann wieder Corona. Schweren Herzens hat die Band sich dazu entschieden, die Unplugged-Konzertreihe diesen Herbst abzusagen. Davon betroffen ist auch das Konzert in Bergisch Gladbach am 27.11.2021. Ein Nachholtermin steht bereits fest: 03.12.2022 im Wirtshaus am Bock.

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