(Wie) Führen Frauen anders?

Das Bergische hat erstmals seit Maria Theresia Opladen in Gladbach wieder hauptamtliche Bürgermeisterinnen! Was ändert sich dadurch? Wir haben die vier dazu befragt.

© L. Weber: Sarah Caliccio | B. Schulze: Grüne Rösrath

In vier bergischen Rathäusern könnte künftig ein anderer Wind wehen. In Rösrath, Wermelskirchen, Wipperfürth und Waldbröl sitzt künftig eine Frau an der Spitze. Ändert das etwas? Und wenn ja, was ändert es? Führen Frauen anders? Wir haben mit den drei neuen Bürgermeisterinnen darüber gesprochen. Die künftige Bürgermeisterin von Wipperfürth, die parteilose Anne Loth, fand die Frage irgendwie doof.

Anne Loth, Wipperfürth

Anne Loth (Foto rechts), parteilos, 48 Jahre, verheiratet, vier Kinder, lebt in Wipperfürth. Langjährige Führungskraft in der freien Wirtschaft, seit 2015 Geschäftsführerin in der Ökumenischen Initiative Wipperfürth mit rund 140 haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden.

"Ich bin für ein Amt angetreten, das ich gut ausführen kann und ich hoffe, dass ich deswegen gewählt worden bin, und nicht weil ich eine Frau bin", sagt Anne Loth. Es ist die Sorge vieler Frauen in Führungspositionen: Reduziert zu werden auf das Frausein, ungeachtet aller Kompetenzen. Die Sorge habe sie aber nicht, sagt Loth. Für sie macht es keinen Unterschied, ob ein Mann oder eine Frau ein Team führt.

"Es gibt Menschen, die sind impulsiver und es gibt Führungskräfte, die versuchen, die Leute mitzunehmen und nicht gleich zu explodieren."

Das sei unabhängig vom Geschlecht. 

Ein Thema kennt sie als Frau aber schon: Dass Frauen in Führungspositionen mit anderen Reaktionen leben müssen. So erzählt die vierfache Mutter, dass sie immer wieder gefragt wurde, wie sie das mit den Kindern löst. Eine Frage, die Männern mit Kindern nie gestellt wird.

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Larissa Weber, Waldbröl

Larissa Weber (Foto links), parteilos, 41 Jahre, verheiratet, zwei Kinder, lebt in Waldbröl. Sie leitet (noch) in Reichshof das Ordnungsamt mit dem dazugehörenden Standesamt, Gewerbeamt, Bürgerbüro und der Feuerwehr. Was sie als Frau anders machen wird, als ihre männlichen Vorgänger?

"Ich glaube, ich werde eher auf die Menschen eingehen, ich kann sehr gut zuhören und nehme auch die Zwischentöne wahr".

Dass sie besonders beäugt werden wird, glaubt Weber schon. "Ich denke die Erwartungshaltung an eine Frau ist schon höher."

In Reichshof leitet Weber gleich fünf Stellen in der Verwaltung. Wegen dieser Kompetenz und Führungserfahrung ist sie gewählt worden, sagt sie, weiß aber auch, dass das einigen nicht reichen wird.

"Als Frau muss man sich besonders beweisen, gerade wenn den Job vorher nur Männer gemacht haben."

Was Waldbröl von ihr als Bürgermeisterin zu erwarten hat? Larissa Weber antwortet mit einer langen Liste von Plänen und sagt dann schließlich: "In erster Linie ist mir wichtig, dass wir alle gut miteinander umgehen." Ein bisschen typisch Frau...

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Marion Lück, Wermelskirchen

Marion Lück (Foto: 2.v.l.), parteilos, 47 Jahre, alleinerziehend, ein Kind, lebt in Wermelskirchen. Bisher in höherer Position in der Kölner Stadtverwaltung.

Lück glaubt, dass Frauen "einen anderen Blick" haben, "vielleicht ganzheitlicher" arbeiten. Auf alle Themen will sie gucken, und zwar aus allen Perspektiven - mithilfe bunt gemischter Teams. Es kommen auch erste Erwartungen aus der Verwaltung - an die Neue, die Frau. "Es wünschen sich einige einen etwas neueren Wind."

Dass wir Marion Lück die Frage nach dem weiblichen Führungsstil stellen, ihr Frausein thematisieren, ist für sie ein Indiz dafür, dass wir noch weit weg sind von Einstand bei den Geschlechtern.

"Es zeigt zumindest, dass unsere Gesellschaft noch ein bisschen Weg vor sich hat. An den Haustüren hat mich zB eine ältere Dame gefragt, ob ich nicht kochen könnte, dass ich diesen Job machen müsste."

Und Fragen nach ihrem 14-jährigen Sohn muss sich die Alleinerziehende auch stellen lassen.

"Ob ich das überhaupt hinkriege, ob der merken würde, dass Mama so stark beschäftigt ist... Finde ich erstaunlich, Männer kriegen diese Frage nicht gestellt."

Wäre schön, findet die künftige Bürgermeisterin, wenn das mal anders wäre, und setzt dabei auf sich und ihre Amtskolleginnen: "Ich glaube, dass sich da was ändern muss und ich glaube dass wir da auch einen guten Anteil dran haben können, dass sich da was ändert."

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Bondina Schulze, Rösrath

Bondina Schulze (Foto: 2.v.r.), Grüne, 56 Jahre alt, lebt in Rösrath-Hoffnungsthal. Sie ist die erste grüne Bürgermeisterin im Bergischen. Bisher arbeitet sie als Personalreferentin in einem international tätigem Logistikunternehmen. Sie ist Fraktionsvorsitzende der Grünen im Rösrather Stadtrat und Vorsitzende im Finanz-, Wirtschaftsförderungs- und Immobilienausschuss.

Dass Frauen anders führen, glaubt sie nicht.

"Ich werde sicher anders führen, als der noch amtierende Bürgermeister. Aber ich glaube nicht, dass es einen männlichen oder weiblichen Führungsstil gibt."

Sie möchte die Verwaltung umstrukturieren, weil es aus ihrer Sicht nicht optimal läuft. Und dabei will sie auch die Mitarbeiter mit ins Boot holen. Aus ihrer Sicht wurden die in der Vergangenheit zu wenig gehört. Sie sieht die Verwaltung als Team, das ein gemeinsames Ziel haben sollte.

Anders als der Führungsstil sieht sie aber durchaus Unterschiede dabei, wie Männer und Frauen beurteilt werden:

"Frauen werden immer anders bewertet als männliche Kollegen. Kommentare zum Aussehen - das wird ihnen als Mann nicht passieren. 'Wer kümmert sich denn um die Kinder?' Auch das würde ein Mann nie gefragt werden."
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