100 Tage: Frank Stein, Bergisch Gladbach

Frank Stein, neuer Bürgermeister in Bergisch Gladbach, hatte den ungewöhnlichsten Start ins Amt. Er hatte sich vor seinem Amtsantritt mit Corona infiziert. 

© Ralf Baumgarten

Deshalb konnte er seine ersten Tage nicht ins neue Büro. Quarantäne. Er hatte einen leichten Verlauf. Aber seine Frau hat es schwer getroffen. Sie lag eine Woche auf der Intensivstation und bekam Sauerstoff. Sein neues Amt begann also vor allem mit Sorge.

Inzwischen geht es seiner Frau wieder gut und Stein hatte direkt das erste große geerbte Problem im Dienst vor sich: Den Stress mit der Papierfabrik Zanders.

"Das hat Nerven in Anspruch genommen"

Zanders. Die Papierfabrik, das einstige Aushängeschild der Stadt, ist über die Jahre geschrumpft und heute ein marodes Werk mit nur noch 400 Mitarbeitern. Die Maschinen gehören dem Insolvenzverwalter, der Stadt das Grundstück. Ein Investor betriebt die Produktion. Hat der Investor genug Geld, um Zanders weiter zu betreiben? Diese Frage galt es zu klären, sonst hätte es für die Stadt keinen Sinn ergeben, das Grundstück weiter zu verpachten. Ohne Pachtvertrag wiederum keine Produktion, keine 400 Arbeitsplätze.

Unzählige Verhandlungen, Verlassen der Verhandlungen, Wiederaufnahmen der Verhandlungen...

Da hatte Stein richtig gut zu tun. Einen Interviewtermin bei ihm zu bekommen, war keine leichte Sache.

Die Gespräche mit Blick auf den Erhalt der Arbeitsplätze haben sehr viel Zeit und Nerven in Anspruch genommen. Ich bin sehr froh darüber, dass wir diese Verhandlungen konsequent geführt haben und das am Ende schlicht die Vernunft gesiegt hat.

... sagt Stein, nachdem es gelungen ist, einen befristeten Pachtvertrag bis zum Sommer auf die Beine zu stellen.

Damit ist so viel Zeit gewinnen, dass Investor und Unternehmen bis zur Jahresmitte einen Plan entwickeln können und eine gute Basis haben für eine Fortführung des Betriebs.

Das Radfahrer-Idol

Bergisch Gladbach landet im Ranking bei Umfragen unter Radfahrern deutschlandweit immer wieder auf den letzten Plätzen. Radfahren in Gladbach - das ist Moto Cross ohne Motor. In Frank Stein hat die Fahrrad-Lobby viele Hoffnung gesetzt. Zu Recht nach 100 Tagen?

Das ist eine Verpflichtung, die man nicht in 100 Tagen abarbeiten kann. Allerdings sind jetzt im Straßenbau Maßnahmen für 2021 und 2022 vorgesehen und es steht eine Vielzahl von Baumaßnahmen an, die eine spürbare Verbesserung bringen werden.

"Wir haben an praktisch keiner Schule Breitbandanschlüsse"

Von großer Bedeutung ist für Stein, so sagt er, das Thema Schulbau.

Wir haben sowohl in der Primarstufe als auch in den Offenen Ganztagsschulen Investitionsbedarf, Neubauten oder Sanierungen sind nötig. Wir müssen eine erhebliche Zahl von OGS-Plätzen schaffen, die Gymnasien G9-tauglich machen. An allen Schulen Digitalisierung nach vorne bringen. Wir haben an praktisch keiner Schule Breitbandanschlüsse, keine Lan-Netze, kein Wlan.
Die ersten Schulen können dem Breitbandanschluss entgegensehen. Einige Dinge werden kurzfristig entstehen, aber das große Volumen der Bauinvestitionen, da muss man Realist sein, da werden wir etliche Jahre für brauchen.

"Eine ganz andere Liga"

Ist Stein glücklich in seinem neuen Amt? Wie alle neuen Bürgermeister im Bergischen antwortet er mit Ja, und wie alle neuen sagt er: Es sei eine spannende Herausforderung, unmittelbar zu entscheiden.

Man hat keinen über sich. Das heißt, ich kann Entscheidungen weder nach oben delegieren, noch kann ich mich vor ihnen drücken. Das heißt, das schon noch mal etwas anderes. Auf der anderen Seite war es auch Motivation für mich, mich dafür zu bewerben. Und so ehrlich will ich sein, die zeitliche Intensität ist nochmal eine andere Liga.
© Radio Berg

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